
Zukunft Zahntechnik
„Gelingt es den Zahntechnikern ihre fachliche Expertise weiter zu kultivieren, ihre Fachkompetenz als Chance zu begreifen und sich geschickt zu positionieren, wird zahntechnisches Fachwissen und -können gefragt sein, wie selten zuvor.“
Eine gewagte These? Keinesfalls. Der Bundesrat hat am 7. Juni 2019 Änderungen an der zahnärztlichen Ausbildung zugestimmt. Teil der Reform ist die Neugewichtung der bisherigen Ausbildungsinhalte. Und die geht auch zu Lasten der prothetischen Ausbildung. Das stärkt langfristig die Position der Zahntechnik. Leider schwächt es aber auch die Bedeutung der Prothetik per se.
Zahntechnik hat ein eigenständiges Berufsbild, das eine besondere Expertise im Bereich der dentalen Prothetik vorweisen kann. Unser Beruf ist so speziell und so facettenreich, dass nur wenige Zahnärzte über genügend Erfahrung verfügen, um sich in der Prothetik mit einem erfahrenen Zahntechniker zu messen. Das ist nicht etwa ein Makel der Zahnmedizin, sondern die eigentliche Existenzberechtigung für die Zahntechnik. Darum gibt es unseren Berufsstand. Dieser prothetische Erfahrungsschatz ist so wertvoll, dass auch aus Sicht breiter Schichten in der Zahnärzteschaft sein Bestand gefördert werden muss. Kein prothetisch tätiger Zahnarzt möchte auf die Zusammenarbeit mit seinen zahntechnischen Kollegen verzichten.
Somit sind die Zukunftsperspektiven der Zahntechnik eigentlich gar nicht so schlecht. Und dennoch schwächelt die Zahntechnik zunehmend. Nicht weil man sie nicht mehr braucht, sondern weil wir uns manchmal ungeschickt anstellen. Wir machen uns das Leben selber schwer, indem wir uns auf kollegiale Preiskämpfe einlassen. Auf die „Preisspirale nach unten“ reagieren wir mit kostenlosen Serviceleistungen und mit teilweise unüberlegten Investitionen in noch mehr Technologie. Damit nicht genug – die neuen Verfahren werden nicht etwa dazu genutzt mit einem erweiterten Geschäftsfeld die Preise anzuheben, sondern viele von uns nutzen die Innovationen als Verdrängungsinstrument und zu weiteren Absenkungen des Preisniveaus. Auch schwächen wir unsere eigene Standespolitik durch interne Grabenkämpfe oder – schlimmer noch – durch Desinteresse. Überhaupt zeigen wir nur noch verhaltenes Engagement in der fachlichen Fortbildung und setzen damit unsere Expertise – also das was unseren Berufsstand ausmacht – aufs Spiel. Schließlich gibt es noch eine Gefahr, die der gesamte Dentalmarkt völlig unterschätzt: Die Zahntechnik verliert ihren Nachwuchs; wir werden immer weniger.
Im Jahre 2004 wurden in der Zahntechnik noch 9400 Lehrlinge ausgebildet. Fünfzehn Jahre später sind es gerade noch 5000 – der Nachwuchs hat sich fast halbiert. Das allein muss keinen hellhörig machen; die Anzahl der Laboratorien schrumpft ja auch. Aber die Alarmglocken sollten spätestens dann schrillen, wenn man erkennt, wie viele Azubis nach abgeschlossener Ausbildung noch übrig bleiben. Es sind zirka 25 Prozent (!), nämlich gerade einmal 1200 Jungtechniker die dem Beruf erhalten bleiben. Der Rest erreicht das Ende der Ausbildung nicht oder wandert direkt nach der Gesellenprüfung in andere Branchen ab. Und während früher der Nachwuchs vorwiegend in den gewerblichen Laboratorien Arbeit fand, streiten sich heute gleich drei weitere Protagonisten um die gut ausgebildeten Azubis: Die Industrie, der Dentalhandel und die Zahnarztpraxen. Wieviel junge Kolleginnen und Kollegen dem ausbildenden Handwerk wirklich erhalten bleiben, weiß keiner so genau. Es sind in jedem Fall zu wenig.
Warum ist das so und was kann man dagegen tun? In erster Linie sollten wir aufhören unser Licht unter den Scheffel zu stellen. Wenn man so liest, wie sich manche Zahntechniker in den sozialen Medien selbst demontieren und über den eigenen Beruf auslassen, wird einem bang. Ein Jammern und ein Klagen: Schlechte Bezahlung, überproportionaler Arbeitseinsatz, kein Respekt der Kunden vor der zahntechnischen Leistung. Diesen Eindruck bekommen etwaige Berufsinteressenten vermittelt, die sich via Facebook und Co. informieren wollen. Aber ist die Zahntechnik wirklich in so einer schlechten Verfassung, wie uns die Facebook-Nörgler und -Neinsager Glauben machen wollen? Es gibt aber auch andere Darstellungen. Darstellungen von Kolleginnen und Kollegen, die sich in keine negative Preisspirale einfügen wollen, die sich ordentlich bezahlen lassen und somit auch ihre Mitarbeiter angemessen bezahlen können. Kolleginnen und Kollegen, die ihren Workflow und ihren Zeiteinsatz im Griff haben und auch aufrechten Hauptes den Respekt für ihre Leistungen einfordern können. In unserem Dunstkreis überwiegt eine Kollegenschaft, die an die Zukunft der Zahntechnik glauben kann. Diese Kollegenschaft sieht sich als Wertegemeinschaft und trifft sich in der Fachgesellschaft für Zahntechnik (FZT e.V.).

Ja es stimmt! Da wir mit anderen Branchen konkurrieren, müssen wir uns zur Decke strecken und unsere Mitarbeiter und unsere Auszubildenden fair bezahlen. Und das geht nur, wenn wir selbst auf eine ordentliche Bezahlung pochen. Keine Preisspirale nach unten. Gute Leistung gegen gute Bezahlung muss eine Selbstverständlichkeit sein. Es geht aber bei weitem nicht nur ums Geld: Gerade gegenüber der Generation Z, die zunehmend in Verantwortung kommen soll, müssen wir unser Handwerk innovativ und attraktiv darstellen. Dazu gehört Flexibilität und eine gute Arbeitsatmosphäre. Andere Branchen machen es vor. Und unser Nachwuchs verdient zeitgemäße und gut strukturierte Lehrpläne sowie genügend bestens ausgebildete und motivierte Fachlehrer. Wir brauchen Aufstiegsmöglichkeiten und Fortbildungsmaßnahmen für unsere Mitarbeiter. Innovative Technologien, die wir an attraktiv eingerichteten Arbeitsplätzen einsetzen. Wir müssen die Herausforderungen der Digitalisierung annehmen, ohne den Erfahrungsschatz der früheren Generationen aufzugeben. Wir sollten unseren Nachwuchs gezielt akquirieren und anschließend bei der Stange halten. Nur so werden wir die Bleibequote um einige Prozentpunkte anheben können.

Genau in diesen Themen engagiert sich die Fachgesellschaft für Zahntechnik vehement. Auf unserem Azubi-Kongress, der am 15. November 2019 wieder in Frankfurt am Main stattfindet, versuchen wir dem zahntechnischen Nachwuchs das zu vermitteln, was er neben fachlicher Fortbildung am meisten benötigt: Motivation und Sicherheit für die eigene beruflichen Zukunft.
Unser Apell an alle Kolleginnen und Kollegen: Schickt Euren Nachwuchs zum Azubi-Kongress nach Frankfurt, unterstützt die Nachwuchsförderung und engagiert Euch in der Wertegemeinschaft der Fachgesellschaft für Zahntechnik. Es lohnt sich dabei zu sein.
