ZOOM! Patienten sind meine Motivation…

Wir sind heute zu Gast bei Hubert Schenk, einem Südtiroler in München. Er gilt als Experte für Ästhetik, Funktion und Implantatprothetik. Hubert wird von seinen Kollegen und Kunden überaus geschätzt: Es ist seine offene und konstruktive Art und seine oftmals klare, wenn auch kritische Sicht der Dinge, die ihn als Mensch, Teampartner und Kollegen so angenehm macht. Als amtierender Präsident des „dental excellence International Laboratory Network e.V.“ hält er die Fahne der traditionellen Qualitätsprothetik hoch, ohne sich den Innovationen des digitalen Workflow zu verschließen. Das Beste aus beiden Welten bestimmt sein Denken – dabei ist für ihn die digitale Technologie jedoch nur ein weiteres, wenn auch hilfreiches Werkzeug. Hubert möchte uns heute einen Einblick in seine tägliche Arbeit geben und uns zeigen wie er mit Patienten kommuniziert. Doch lassen wir ihn erstmal selbst zu Wort kommen…

Hubert Schenk? Ein Lebenslauf. Sein Traum. Seine Arbeitsweise. Begegnungen. Ein Porträt.

Zahntechnik ohne Patienten?

Das ist kein Erfolgskonzept. Schon gar nicht wenn es darum geht, verlorengegangene Zahnsubstanz naturkonform zu rekonstruieren. Möchte man ästhetisch und funktionell anspruchsvoll arbeiten, reicht es dem Zahntechniker so gut wie nie den Patienten kurz in der Zahnarztpraxis vorgestellt zu bekommen. Es ist die Betriebsamkeit  des Praxisalltags und die Anspannung des Patienten im zahnmedizinischen Umfeld, die eine effiziente Arbeit des Zahntechnikers mit dem Patienten oftmals unterbindet. Die Wirkungsstätte des Zahntechnikers ist und bleibt das zahntechnische Labor. Hier kann der Patient – im Rahmen eines vertrauensvollen Gespräches – seine Wünsche äußern und der Zahntechniker kann sich zugleich in aller Ruhe einen Überblick über die Situation verschaffen.

Heutzutage ist die zahntechnische Expertise ein Teil jeder anspruchsvollen zahnmedizinischen Behandlungsplanung und von den zahnmedizinischen Kunden ausdrücklich erwünscht. Ein Zahntechniker behandelt nicht, er berät auch nicht im Sinne einer zahnmedizinischen Therapie. Aber er braucht für die vom Zahnarzt gewünschte Expertise den direkten Zugriff auf den Patienten in seinem gewohnten und gut ausgestatteten Arbeitsumfeld. Ziel ist zumindest eine ausführliche zahntechnische Analyse und Diagnostik, die Erstellung von Mund- und Porträtaufnahmen, sowie die detaillierte Farbnahme. Im weiteren Verlauf ist auch die ästhetische, sprechmotorische und funktionelle Feinadaption des Zahnersatzes unter Mitwirkung des Patienten immens wichtig. Alles geschieht in Abstimmung mit dem behandelnden Zahnarzt. Wenn das Team aus Zahnarzt und Zahntechniker alles richtig macht, kann es gelingen dem Patienten einen erheblichen Teil der verloren gegangenen  Lebensqualität wieder zurück zu geben.

Schauen wir uns einmal an, wie sich so eine Patientenbesuch bei Hubert Schenk gestalten kann. Professionell, aber eigentlich völlig unspektakulär…

Ein Patientenfall

Jeder Patientenfall bedarf einer individuellen Lösung. Einer Lösung, die genau auf den Patienten zugeschnitten wird. In den Abbildungen 1 und 2 erkennen sie die Ausgangssituation. Hier hatte jemand Pech gehabt: Die Krone an Zahn 21 ist frakturiert und muss ersetzt werden.

Abb. 1 Pech gehabt: Krone ist frakturiert
Abb. 2 Krone soll ersetzt werden
Ein paar Tipps zum perfekten Lesefluss:

1. Verweilt man mit dem Cursor auf dem Bild, erscheint eine Bildunterschrift
2. Klickt man auf das Bild, wird es vergrössert.
3. Klickt man neben das Bild, kehrt es zur Originalgrösse zurück.
Viel Spass beim Lesen! 

Wie schwierig es ist Einzelzahnkronen zu restaurieren, muss man eigentlich nicht erwähnen. Mir geht es darum mit einer detaillierten Zahnfarbbestimmung  direkt am Patienten einen Weg zu finden, wie ich unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Patienten eine unauffällige Keramikrestauration für ihn erarbeiten kann. Dazu bestimme ich erst einmal ganz klassisch eine Grundfarbe. Dann wähle ich mir die Dentinmassen aus. Eine einzelne, konfektionierte Dentinmasse trifft selten und daher muss ich die Massen entsprechend der gegebenen Situation später sorgfältig abmischen. Es folgt die Auswahl der Schneide- und auch der Transpamassen.

Abb. 3 Grundfarbe wird bestimmt
Abb. 5 Bestimmung der Schneidemassen
Abb. 4 Dentinfarben werden bestimmt
Abb. 6 Bestimmung der Transpamassen
Abb. 7 Häufig bei Vollkeramik-Restaurationen: Die Stumpffarbe wird bestimmt

Arbeitet man mit Vollkeramik muss man ­ggf. die Farbe des Zahnstumpfes auch noch berücksichtigen. Zumindest wenn diese deutlich von der Zielfarbe abweicht. Alle Beobachtungen, Farben und Mischverhältnisse halte ich schriftlich auf einem „Farbzettel“ fest. Diese Farbzettel werden von mir übrigens archiviert. Man weiss ja nie…

 

 

 

Und so wird geschichtet…

Nach dem Abmischen der Massen gemäss der Farbnahme beginnt das Schichten. Wir haben hier einmal die Detailaufnahmen der Schichttechnik mit meinen Aufzeichnungen (Farbzettel) kombiniert und als Diashow dargestellt.

Das Gerüst als Teil der Farbgestaltung

Das Gerüst spielt bei der Vollkeramik eine ganz entscheidende Rolle.  Es ist Teil der Farbgestaltung. Somit besteht ein großer Unterschied zur Metallkeramik, bei der das Gerüst immer ein Hindernis im Bezug auf die Ästhetik war. Bei der Vollkeramik muss das Gerüst gedanklich in die Farbgestaltung eingebaut werden.

Der Farbgrundierungsbrand als Link zwischen Gerüst und Zielfarbe

Es besteht die Möglichkeit die vollkeramischen Gerüste in den verschiedensten Farbnuancen einzufärben. Wichtig ist, dass ich bei der Farbwahl des Gerüstes bereits meine Zielfarbe vor Augen habe. Ich kann mein Gerüst dazu nutzen, um den Helligkeitswert oder auch die Farbe aus der Tiefe zu steuern. Mit dem Farbgrundierungsbrand (Liner) schaffe ich mir schon in der Tiefe die Verbindung zwischen Gerüst und Zielfarbe.

Der fertige Farbgrundierungsbrand

Die Schichtung von Opakdentin

Da die Farbintensität keramischer Materialien auch von der Schichtstärke abhängt, arbeitet man im Randbereich vorzugsweise mit opakerem Material – dem Opakdentin.

Schichtung des Dentins im oberen Bereich

Dann baue ich das Dentin auf und zwar aus Massen in dem Mischverhältnis, wie ich es im Mund gesehen habe. Aus meiner Sicht gibt es bei diesem Patientenfall zwei unterschiedliche Dentinbereiche. In der Regel sind es sogar drei. Zum einen haben wir einen Dentinbereich mit einem relativ niedrigen Helligkeitswert.

Schichtung des Dentinkerns im unteren Bereich

Im Körper weist der Dentinkern hingegen mehr Reflektion und einen höheren Helligkeitswert auf. Ich verwende daher eine dem entsprechende Komposition von Dentinmassen.

Das Zurückschneiden des Dentinkerns

Dann schneide ich den Dentinaufbau zurück. In der Längenausdehnung ist dies meist nicht nötig, weil das Material sowieso schrumpft und sich die Länge durch den Brand automatisch reduziert. Sollte jedoch ein besonders transparenter Inzisalbereich angelegt werden müssen, ist der Dentinaufbau auch in der Längenausdehnung einzukürzen.

Glätten des Cut-back

Die Reduktion des Dentinkerns wird mit dem Pinsel ausmodelliert und geglättet. Die Keramikmasse darf dabei nicht austrocknen und sollte immer vor Feuchtigkeit glänzen.

Aufbau der Silhouette mit Schneide/Dentin

Mit einer Mischung aus Schneide und Dentin (in der Regel drei Teile Schneide, ein Teil Dentin) wird die Silhouette wieder aufgebaut und leicht verlängert um die Schrumpfung zu kompensieren.

Komplettierung der Inzisal-Silhouette

Glätten des Inzisaltellers

Dann wird der Bereich des Inzisaltellers geglättet und bildet somit die Basis für die internen farblichen Charakteristika des Inzisalbereiches.

Aufbau der Mamelonstrukturen

Nun werden die Mamelonstrukturen (Make-in 63) angelegt. Beim jugendlichen Patienten sind es eher echte Mamelonstrukturen, beim älteren Patienten mit einem verstärkt abrasiven Gebiss wird es eher der Einfluss des Sekundärdentins sein, der die Farbgebung beeinflusst.

Übergang Inzisalanteil zu Zahnkörper

Bei diesem Patientenfall besteht ein deutlicher Abriss zwischen den inzisalen Anteilen und dem Zahnkörper und daher wird auf die feuchte Keramik des Übergangsbereichs etwas gräulich fluoreszierende Farbe (Illusion) aufgelegt. Damit wird der Abriss betont.

Überschichtung des Zervikalbereichs

Um die Reflektion zervikal zu verstärken wird des Zervikalbereich mit weisslicher Schneide (PS-0 + SI-06) hauchdünn überzogen.

Lichtbrechende Schicht aus einer fluoreszierenden Masse

Zwischen den Mamelons und in unregelmässigen Abständen über den ganzen Körper wird eine fluoreszierende, maximal transparente Masse aufgebracht (HT-51). Dadurch erzeugt man eine lichtbrechende Schicht zwischen dem Dentin und der späteren Schneide- und Transpaschichtung und optimiert die Lichtstreuung.

Opaltranspa an den Flanken

An den Flanken wird Opaltranspa geschichtet (OT)

Eine rötlich-amberfarbene Transpamasse wird ergänzt

Die Inzisalschichtung wird mit etwas HT-53, einer rötlich-amberfarbenen Transpamasse ergänzt

Transpa Neutral und Transpa Grau gemischt

Transpa Neutral (NT) und Transpa Grau (TI-05) wird gemischt um damit die Inzisalschichtung zu komplettieren.

Der restliche Körperbereich wird mit SI-06 abgedeckt

Der restliche Körperbereich wird mit SI-06 abgedeckt. Dabei darf bei diesem Patientenfall nicht verlaufend gearbeitet werden. Der Abriss muss erhalten bleiben.

Die Palatinalfläche

Das Gerüst wird von palatinal ergänzt. Bis dato bleibt das Gerüst bewusst palatinal frei, um mir Orientierung zu geben. Meine Schichtung darf weder zu weit nach labial noch nach palatinal verrutschen, da sonst der Kern durchscheint.

Palatinale Opakdentinschichtung

Palatinal nun noch Opak-Dentin über das gesamte Gerüst ziehen…

Palatinale Dentin- und Schneidemischung

… und dann noch etwas Dentin-Schneidemischung an den Flanken und etwas Schneide um die Form zu komplettieren. Fertig.

Ab in den Ofen

Dann wir das ganze gebrannt. So lapidar es klingt, aber der Keramikofen ist mit das wichtigste Gerät in meinem Labor. Nur wenn der Ofen ent-sprechend kalibriert ist und das Brennprogramm des Ofens umsetzen kann, was ich in meiner Schichtung angelegt habe, steht am Ende ein Erfolg. Zu hohe, zu niedrige oder unregelmässige Brennergebnisse machen alles zunichte.

Das Ergebnis nach dem Brand...

Die Stunde der Wahrheit…

Es folgt die Einprobe der Arbeit im Mund. Wie man sieht, habe ich während des Fotografierens Farbmuster dazu gehalten. Entsprechend der passenden Muster sollte die Krone korrigiert werden. Meinen ersten Versuch empfand ich als inzisal farblich zu wenig akzentuiert. Auch ist der schon erwähnte Abriss farblich noch nicht deutlich genug. Daher habe ich in den besagten Bereichen Keramik zurückgeschliffen, um dann etwas Grau-Transpa zu ergänzen. Generell ist es nicht ganz einfach sich die Endfarbe vorzustellen, man muss dazu die Oberfläche auf  jeden Fall anfeuchten; sonst sieht man gar nichts. Man kann davon ausgehen, dass durch den Glanzbrand der Helligkeitswert etwas absinkt und die Transparenz wieder etwas zunimmt. Das ist dann Erfahrungssache. Und Erfahrung lässt sich nur durch eines ersetzen: Durch mehr Erfahrung.

Abb. 8 Bestimmung der Korrekturschichtung
Abb. 9 Ohne Anfeuchten der Krone erkennt man nichts
Abb. 10 Situation nach Korrektur

Fertig!

Die fertige Krone. Ich arbeite, wenn möglich mit Zirkon bis in den Randbereich und lege keine Schulter an. Das Ziel ist immer eine Krone, die sich integriert und in Form und Farbe unauffällig wirkt. Ob mir das gelungen ist, liegt im Auge des Betrachters.

Abb. 12
Abb. 13 Lippenbild des Ergebnisses
Abb. 14 Ergebnis aus leicht lateraler Sicht
Abb. 15 Erst die gesunde Gingiva gibt der Arbeit den passenden Rahmen

Danke!

Für eine gelungene Arbeit braucht man nicht nur die Kooperation und Geduld des Patienten. Man braucht natürlich in erster Linie einen Zahnarzt, der sein Handwerk ebenfalls versteht. In diesem Fall war dies Dr. Thomas Oppenberg aus München, dem mein herzliches Dankeschön und meine Anerkennung gilt.

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